Mieter kann fristlos gekündigt werden, wenn Pfleger und rechtlicher Betreuer Vermieter grob beleidigt

Die 95-jährige Mieterin hatte 1955 bzw. 1963 eine Einzimmerwohnung und eine Dreizimmerwohnung im gleichen Haus angemietet. Aufgrund ihrer Demenzerkrankung ist die Mieterin bettlägerig und steht unter Betreuung. Ihr Betreuer bewohnt die Einzimmerwohnung und hält sich tagsüber überwiegend in der Wohnung der Mieterin auf. Im Zuge verschiedener Auseinandersetzung bezeichnete der Betreuer den Vermieter per Email unter anderem als „Terroristen“ und „naziähnlichen braunen Misthaufen“.

Er schwor, den Vermieter bzw. die Hausverwaltung in den Knast zu schicken, prophezeite ihnen, sie würden seine Stiefel und die benutzte Windel der Mieterin lecken, ohne dass er ihnen Gnade zuteil werden lassen würde. Das Landgericht München I (14 S 16950/15) bestätigte die fristlose Kündigung des Vermieters und verurteilte die Mieterin und ihren Betreuer zur Räumung der beiden Wohnungen. Das Gericht sprach von Beleidigungen auf entwürdigende und verachtende Weise. Entscheidend sei, dass sich die Mieterin die Beleidigungen ihres Betreuers zurechnen lassen muss, da sie ihm die Einzimmerwohnung zur Verfügung gestellt hatte und er sich darüber hinaus tagsüber in ihrer Wohnung aufhielt, so dass von Mitbesitz gesprochen werden müsse. Das Gericht betonte, dass die Mieterin aufgrund ihrer geistigen und körperlichen Verfassung und ihrer Abhängigkeit vom Verhalten ihres Betreuers im hohen Maße schutzwürdig sei. Bei dem Tatbestand der fristlosen Kündigung dürften aber Billigkeitserwägungen unter Berücksichtigung von Härtegründen keine Rolle spielen. Anderenfalls wäre der Vermieter praktisch schutzlos gestellt und der Betreuer erhielte einen Freibrief für weitere Beleidigungen. Die schutzwürdigen Interessen der Mieterin müssen jetzt im Zwangsräumungsverfahren berücksichtigt werden. Hier kann sie einen Vollstreckungsschutzantrag stellen. Dann wird geprüft, ob die Zwangsräumung mit den guten Sitten vereinbar ist.