Die Ära des einfachen Mietspiegels in Solingen geht zu Ende

Presseerklärung des Mieterbund Rheinisch-Bergisches Land e.V. zum Mietpreisspiegel für Solingen

 

Eine Mietpreisspiegel-Ära neigt sich dem Ende zu

I.

Über fünf Jahrzehnte lang haben der Mieterbund Rheinisch-Bergisches Land e.V. und die beiden Haus- und Grund-Eigentümervereine in Solingen gemeinsam die Mietpreisspiegel für Solingen entworfen, ausgearbeitet, verhandelt, vereinbart und erstellt.

Diese Art der Zusammenarbeit endet mit Ablauf des Jahres 2023. Warum?

Der Grund dafür ist die Entscheidung der Stadt Solingen, rechtliche Vorgaben umzusetzen und ab dem Jahr 2024 selbst einen „qualifizierten“ Mietpreisspiegel“ für Solingen zu erstellen.

Das letzte halbe Jahr war davon geprägt, dass die drei Solinger Vereine – wie in den vergangenen Jahren – intensive Verhandlungen geführt haben, um den noch geltenden Mietpreisspiegel 2020 erneut fortzuschreiben und für 2023 zu aktualisieren.

Ein Ergebnis der über die vielen Jahre erarbeiteten Struktur des Mietpreisspiegels sind die an die Gemeinde Solingen angepassten Baujahr-Häusergruppen unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse. Die Einführung von neuen Baujahr-Gruppen war immer ein Diskussionspunkt, bei dem viele unterschiedlichen Aspekte Berücksichtigung fanden, z. B. Neubauten, gestiegene Baukosten oder Wertminderungen durch fortgeschrittenes Alter von Gebäuden.

Auch dieses Mal haben für die Aktualisierung eine Reihe von Treffen der Vorstände der drei Vereine stattgefunden. Letztendlich konnte aber diesmal kein gemeinsames Ergebnis mehr herbeigeführt werden. Ein wesentlicher Grund dafür war und ist die Entscheidung der Stadt Solingen für die eigene Erstellung eines

„qualifizierten“ Mietpreisspiegels.

Im Angesicht der zu erwartenden Umstrukturierung des Mietpreisspiegels durch die Stadt Solingen, konnte wegen der weit auseinander fallenden Mietpreisvorstellungen keine Einigung getroffen werden.

Entweder fiele die Anpassung zu gering oder zu hoch aus und würde in Anbetracht auf den in wenigen Monaten folgenden „qualifizierten“ Mietpreisspiegel der Stadt Solingen auf der einer oder anderen Seite zu einer negativen Beurteilung führen.

II.

In Vorbereitung der Aktualisierungsgespräche wurden von den Vereinen umfangreiche Datenerhebungen unter Berücksichtigung des jeweiligen Blickwinkels der Vereine durchgeführt.

Der Mieterbund Rheinisch-Bergisches Land e.V. hat dazu im Dezember 2022 jedem der über 5000 Mitglieder einen entsprechenden Fragebogen übersandt, mit dem die relevanten Daten für den Mietpreisspiegel abgefragt wurden. Die Haus und Grund Eigentümervereine hatten ihrerseits auf anderer Basis versucht, ihre Zahlen zu aktualisieren.

Die Sammlung der Daten zog sich bis in den Januar 2023 hinein. Die danach geführten Verhandlungen wurden ohne konkretes Ergebnis beendet. Es kam zu keiner Einigung. Insofern waren die Forderungen der beiden Haus und Grund Eigentümervereine auf Anpassung des Mietpreisspiegels 2020 mit einer 10 bis 20 % igen generellen Erhöhung für den Mieterbund Rheinisch-Bergisches Land e.V. nicht akzeptabel. Eine gestaffelte prozentuale Erhöhung einzelner Baujahr-Gruppen im einstelligen Bereich wurde seitens des Mieterbundes RBL angeboten, aber durch die Haus- und Grund-Eigentümervereine abgelehnt.

 

Die Verhandlungen waren wesentlich von dem Umstand geprägt, dass sich die Stadt Solingen dazu entschieden hat, mit einem höheren personellen, finanziellen Aufwand Daten für einen „qualifizierten“ Mietpreisspiegel für Solingen zu erfassen.

Mit dieser Entscheidung sind die drei Solinger Vereine, die diese Aufgabe in den letzten Jahrzehnten in ehrenamtlicher Arbeit erstellt haben, bei der Erstellung außen vor. Letztendlich werden die Vereine aller Voraussicht nach an der Erstellung des „qualifizierten“ Mietpreisspiegels durch die Stadt Solingen nicht mehr entscheidungserheblich beteiligt sein, sondern werden in Zukunft ausschließlich unterstützende Anregungen oder einzelne Daten der Stadt Solingen zur Verfügung stellen können.

III.

Insofern erschließt sich die Sinnhaftigkeit der Beteiligung der drei Vereine zurzeit nicht mehr. Bisher sind alle entsprechenden Argumente ausgetauscht. Nunmehr geht es nur noch darum, dass die Stadt Solingen die Daten erfasst.

Außerdem stellt sich die Frage nach den Kosten der Erstellung eines „qualifizierten“ Mietpreisspiegels mit einem hohen finanziellen Aufwand für die Stadt Solingen. Es sind die Kosten für die Einrichtung von Teilzeitstellen bei der Stadt Solingen, die Beschäftigung von derzeitigen Angestellten mit dem Thema und die Kosten für die geplanten Anschreiben an 10.000 Vermieter zur Erhebung von Daten.

Dies belastet die kommunale Haushaltskasse zusätzlich. Diese Kosten müssen letztendlich alle Mieter und Vermieter über die Grundsteuer mittragen. Außerdem ist davon auszugehen, dass aufgrund der Struktur der Erhebung der Daten im Wesentlichen aus einem Vermieterkreis, der mehr als drei Wohnungen zu vermieten hat, eher zu einer Erhöhung der Preise im Mietpreisspiegel führen könnte. Dies wäre nicht im Interesse des Mieterbundes Rheinisch-Bergisches Land.

IV.

Damit findet die Ära des „einfachen“ Mietpreisspiegels für die Stadt Solingen ein Ende.

Die Erstellung des „einfachen“ Mietpreisspiegels war immer mit einem erheblichen zeitlichen, personellen und auch finanziellen Aufwand verbunden, der in keiner Weise durch den Verkauf der Mietpreisspiegel gedeckt worden ist. Alle drei Vereine haben dies in den vergangenen Jahrzehnten auch als einen wesentlichen Beitrag ihrer politischen und gesellschaftlichen Aufgaben gesehen und damit erfüllt.

Dank dieser ständigen Beschäftigung und der Kommunikation unter den drei Vereinen entstand somit ein ausgeglichenes, die Interessen jeder Seite berücksichtigendes Klima in unserer Gemeinde, was letztendlich auch zu Rechtsfrieden im Hinblick auf die geringen Fallzahlen der beim Amtsgericht Solingen und Landgericht Wuppertal anhängigen Mietprozesse führte. Insofern waren die Verhandlungen über den Mietpreisspiegel immer ein gesetzter Termin zwischen den Vereinen zum Ausgleich und Kompromissfindung der jeweiligen Interessen aller Mitglieder.

Dies wird sich in Zukunft in dieser Form durch den Wegfall der Verantwortung für den Mietpreisspiegel durch die Vereine bedauerlicherweise ändern.

Thomas Schmitt

Rechtsanwalt

1.Vorsitzender des Mieterbundes Rheinisch-Bergisches-Land e. V.